Geschichte trifft auf Gegenwart

Pfeffer, Kaffee und Rotwein – diese und weitere kulinarische Köstlichkeiten brachten die sogenannten Reisläufer zurück in ihr Heimatland. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts verdingten sich diese Schweizer Söldner für fremde Kriegsmächte. So kam die kleine Gemeinde Stans im Kanton Nidwalden zu vielfältigen europäischen Produkten, die auch die Rezepte der Innerschweiz dominierten.

Viele dieser Nahrungsmittel sucht man heute auf der Speisekarte des CULINARIUM ALPINUM vergeblich, stattdessen finden sich dort regionale und lokale Gaumenfreuden wie ein Quittensaft, Nidwaldner Alpkäse oder Kartoffelkuchen mit Kräuterquark. Im ehemaligen Kapuzinerkloster Stans ist das Kompetenzzentrum für Kulinarik im Alpenraum entstanden. Ein Projekt, das innerhalb und außerhalb der Schweiz bisher einmalig ist: Ein ehemaliges Kapuzinerkloster hat sich zur Heimat der Alpenküche entwickelt. Das Konzept steht dabei auf mehreren Säulen wie Bildung und Beratung sowie Gastronomie und Hotellerie, die ineinandergreifen und voneinander profitieren.

Eine starke gemeinnützige Stiftung setzt auf Bildung und Beratung

Der Bereich Bildung, der inhaltlich von der gemeinnützigen Stiftung Kulinarisches Erbe der Alpen (KEDA) getragen wird, steht im Zentrum des CULINARIUM ALPINUM. Das abwechslungsreiche Kursangebot der Essenskultur des Alpenraums beinhaltet Veranstaltungen wie Knollenziest und Zuckerwurzel, Sauerteig-Workshop 2.0 oder Alpine Kräuterkompetenz. Daneben kann in der Schulküche selbstständig oder unter Anleitung nach bewährtem Wissen aus dem Alpenraum gekocht werden. Bei Führungen mit interessanten Titeln wie Den Kapuzinern nachgespürt und Degustationen lässt sich ein tieferer Blick in die regionale Kulinarik werfen und vor allem schmecken. Zusätzlich dazu können sich Berufsfachleute der Gastronomie im Kompetenzzentrum weiterbilden. Nicht nur die Sparte Bildung, sondern auch der Bereich Beratung soll mehr und mehr ausgebaut werden. Tis Prager, Präsident der Stiftung KEDA, hat hier einiges vor: Wir werden im CULINARIUM ALPINUM kompetente Fachleute mit großem Wissen in regionaler Produktion von Lebensmitteln, deren Verarbeitung und Vermarktung beschäftigen. Hier können wir für Gemeinden, aber auch Unternehmen, die auf nachhaltige und sinnvolle Küche setzen, beratend tätig sein.

Lokalität und Qualität stehen im Restaurant und Hotel an erster Stelle

Angeschlossen ist ein Restaurant mit 130 Sitzplätzen. Serviert werden täglich Frühstück, wechselnde Mittagsmenüs und Abendessen à la carte. Dabei steht die Glaubwürdigkeit der regionalen und vorwiegend biologischen Produkte im Vordergrund, wie der Chef der Gastronomie, Peter Durrer, bestätigt: Die Kombination aus der Positionierung zu hochwertigem lokalem Essen, dem besonderen Gebäude und den Partnern, die es ringsum gibt, ist sensationell. Die Schweiz ist im Grunde ein Importland von exotischen Lebensmitteln und ich bin froh, dass hier momentan ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet.

Der Gastgeber und sein Team schaffen es, täglich innovative Gerichte aus heimischen Zutaten zu kreieren, wie etwa Dinkel-Crêpes gefüllt mit Gemüse und Käse oder Ragout vom Kalb mit Linthmais-Polenta. Ein Großteil der Produzenten und Lieferanten, die alle namentlich auf der Speisekarte erwähnt sind, kommt direkt aus dem Kanton Nidwalden oder den benachbarten Innerschweizer Kantonen. Peter Durrer denkt auch hier kreativ: Bei der Konzeption haben wir uns an einer Tapas-Bar orientiert. Wir wissen normalerweise nicht, wie viele Produkte wir von unseren Produzenten geliefert bekommen und haben uns dazu entschlossen, lieber kleinere und vielfältige Gerichte anzubieten.

Nur manche Artikel werden aus der ganzen Schweiz ergänzt. Dazu gibt es traditionelle autochthone Weine aus dem Alpenraum oder frische Säfte aus dem ehemaligen Klostergarten, der nun in eine Essbare Landschaft transformiert wird. Ein eigener Gemüsegarten im Ort liefert zusätzliche Erträge. Viele Erzeugnisse aus beiden Gärten sowie ausgewählte regionale Produkte lassen sich – oft neu interpretiert – im fein sortierten Klosterladen erwerben. Hier setzt der Betreiber auf das Vertrauen der Gäste, bezahlt wird über die Schweizer Bezahl-App Twint.

Neben erstklassigem und unverfälschtem Essen bietet das CULINARIUM ALPINUM 14 ästhetisch ansprechende Herbergszimmer mit Blick auf das Alpenpanorama ringsum, die behutsam restauriert wurden. In den ehemaligen Wohnräumen der Kapuzinermönche befinden sich nun Studierzimmer, in denen sich in Ruhe arbeiten lässt. Der große Klostersaal, sechs kleine Seminarräume oder der Innere Chor der Kapuzinerkirche eignen sich für verschiedenste Veranstaltungen.

Reduktion auf das Wesentliche bei der hochwertigen Restaurierung

Das Architekturbüro Rothen hat baukulturell im Kloster Stans einen hohen Standard gesetzt. So konnten die gestaltprägenden Räume (Treppenhaus, Fassade) mit wenig Eingriffen saniert und ihr Charakter erhalten bleiben. Bei anderen Räumen orientierte sich die Sanierungstiefe an der Repräsentativität und der zukünftigen Nutzung. Die Kellerräume wurden in ihren rohen Ausdruck zurückgeführt, während Ausstellungsräume durch Lichtführung und Multimedia-Vorrichtungen architektonisch aufgewertet wurden. Stimmungsvolle und haptische Materialien stärken den Charakter anderer Zimmer im Bereich der Hotellerie. In den gut erhaltenen Mönchszellen blieben die ursprünglichen Spuren erhalten und die Sanierung konnte mit geringen Mitteln durchgeführt werden. Grundsätzlich heben sich die neuen meist rohen Materialien sichtbar vom Altbestand ab und unterstützen so das Ambiente.

Gemeinsam zum Erfolg

Ein Erfolgsgarant für die Transformation ist neben allen inhaltlichen Konzepten die solide Struktur, auf der das Projekt aufbaut. Mehrere starke und erfahrene Partner haben sich zusammengeschlossen, um die Idee des Kompetenzzentrums für Kulinarik im Alpenraum zu verwirklichen. So hat ein Kanton das Kloster erworben und es in Erbpacht (60 Jahre) an einen Projektentwickler mit einem besonderen Gespür für Denkmäler und Baukultur übergeben, der durch seine Investitionen und die Wahl eines erfahrenen Architekten ein architektonisches Kleinod geschaffen hat. Eine eigens gegründete gemeinnützige Stiftung mietet wiederum das Kloster vom Baurechtsnehmer und belebt es mit ihrem inhaltlichen Programm. Ein herausragender Gastronom kann mithilfe guter Konditionen (Umsatzpacht) durch die Einnahmen aus Restaurant und Herberge das Kompetenzzentrum unterstützen. Für den Erhalt des spirituellen Erbes der Kapuziner sorgen der Verein Kapuzinerkirche Stans sowie der Baurechtsnehmer durch den Bauerhalt der Kirche. Diese gelungene Aufteilung der Verantwortlichkeiten ermöglicht es allen Partnern, das jeweils Beste aus ihren Fachbereichen in das CULINARIUM ALPINUM einzubringen.

Fast zwei Drittel der Schweiz gehören zum Alpenraum und die Alpen sind mit der Schweizer Geschichte eng verwoben. Das kulinarische Erbe der Alpen bündelt sich nun in einem traditionsreichen und transformierten Kloster am Fuße der Berge in der Innerschweiz. Einen inhaltlich besser passenden Ort und Raum für ein Kompetenzzentrum für Kulinarik im Alpenraum könnte es also nicht geben.