Johannes Senn leitet zusammen mit seinem Bruder die Senn-Gruppe. Die St. Galler Firma entwickelt, baut und plant seit über 60 Jahren Immobilien. Der Familienbetrieb setzt auf unkonventionelle Kollaborationen und Projekte. Eines davon ist das Kloster Stans im Kanton Nidwalden in der Schweiz. Johannes Senn lässt uns teilhaben, warum sich sein Unternehmen an das alte Kloster gewagt hat und warum das Projekt so gut zu den Unternehmensprinzipien der Senn AG passt.

Senn
Johannes Senn vor seinem Büro in St. Gallen

Im Kloster Stans haben Sie das Baurecht – in Deutschland heißt es Erbbaurecht – erworben. Was ist am Baurecht das Spannende und was das Herausfordernde?

Für Gemeinden ist es ein gutes Modell, um weiterhin einen gewissen Einfluss zu behalten. Wenn sie die Liegenschaft gänzlich verkaufen, beschränkt sich die Mitsprache auf die Baugenehmigung und ist deutlich kleiner. Außerdem hat die Gemeinde durch das Baurecht laufende Einnahmen, die stetig weiter verplant werden können. Bei einer einmaligen großen Zahlung entstehen innerhalb der Gemeinde auch Begehrlichkeiten zwischen den Parteien, was mit dem Geld nun finanziert werden könnte. In unserem Unternehmen haben wir einige Baurechtsverträge im Umlauf.

Könnten Sie uns kurz einen Überblick geben, wie die Besitzverhältnisse im Kloster Stans sind?

Die letzten Kapuzinerbrüder sind im Jahr 2004 ausgezogen und haben den Grund, Boden und das Gebäude an den Kanton Nidwalden verkauft. Wir haben als Projektentwickler für einen symbolischen Schweizer Franken das Gebäude für 60 Jahre erworben. Grund und Boden bleiben im Besitz des Kantons. Von unserer Seite sind rund 12 Millionen Schweizer Franken in den Ausbau des Gebäudes geflossen, wobei 8 Millionen Eigenmittel waren, 3 Millionen als Kredit von der Bank kamen und 1 Million vom Denkmalschutz bezahlt wurde. Zusätzlich zahlen wir einen Baurechtszins (ein halbes bis ein Prozent) an den Kanton.

Als Besitzerin des Klosters vermieten wir es in einem gestaffelten Mietvertrag an die gemeinnützige Stiftung KEDA. Im ersten Jahr beträgt die Miete 66.667 Schweizer Franken. Pro Jahr steigert sie sich um 66.667 Schweizer Franken bis zu einem Höchstbetrag von 400.000 Schweizer Franken nach den ersten sechs Jahren. Der Gastronom und Mitgestalter des CULINARIUM ALPINUM, Peter Durrer, wiederum pachtet (Umsatzpacht) von der Stiftung KEDA Räume für die Gastronomie, das Hotel und Veranstaltungen und bezahlt die in diesen Bereichen tätigen Angestellten. Die inhaltliche Entwicklung des Kompetenzzentrums für Kulinarik im Alpenraum liegt allein bei der Stiftung in enger Zusammenarbeit mit dem Gastronomen Peter Durrer.

Außerdem hat der Kanton mit uns ausgehandelt, dass der Verein Kapuzinerkirche Stans noch ein Nutzungsrecht im Haus und für die Kirche hat. Dazu haben wir die Kirche mit erworben und sind für ihren Bauunterhalt zuständig.

Wie hat die Auswahl des Architekten stattgefunden?

Wir haben eine kleine Anzahl an Architekturbüros zu einem (honorierten) Wettbewerb geladen. Der Vorschlag des Architekturbüros Beat Rothen hat uns am meisten überzeugt, da er sehr behutsam mit der historischen Substanz umgegangen ist und nur wenige Eingriffe vorgeschlagen hat. Bei diesem Vorschlag konnte der Dachstuhl original erhalten bleiben.

Normalerweise entwickeln Sie Bauprojekte und verkaufen diese dann wieder. Wie haben Sie es im Kloster Stans geregelt?

In den ersten 20 Jahren kann die Stiftung KEDA das Baurecht von uns erwerben, wobei der Kanton Nidwalden ein Vorkaufsrecht hat.

Was hat Sie an dem Nachnutzungskonzept und der Idee des CULINARIUM ALPINUM überzeugt?

Ich finde das Konzept sehr spannend, gerade weil wir uns ja in einer Gesellschaft befinden, der Nachhaltigkeit immer wichtiger wird und in der Transparenz gefragt ist. Viele Konsumenten wollen wissen, was sie kaufen und woher es kommt. Dieser Trend hat sich seit der Corona-Pandemie noch verstärkt. Da sind kurze Wege von den lokalen Produzenten auf den Tisch – wie im CULINARIUM ALPINUM – natürlich ein großer Pluspunkt.

Kräutertöpfe Stans
Im CULINARIUM ALPINUM wird überall Essbares gezüchtet, wie hier auf der Terrasse des Restaurants.

Wie wichtig ist für Sie persönlich, dass Sie in ein Kloster investieren, und würden Sie gern weitere Klöster in Angriff nehmen?

Klöster sind schon eine interessante Herausforderung, zumal sie zu unserem Unternehmensprinzip Liebe zum Ort passen. Wir respektieren den Ort und die Nachbarschaft, auch wenn das nicht heißt, dass wir uns allem anpassen. Liebe zum Ort heißt auch, dass sich die Bevölkerung gerne im Gebäude aufhalten sollte und im Nachhinein froh ist über die Transformation, die stattgefunden hat. Wir wünschen uns, dass der Ort durch unsere Arbeit seine Qualität behält oder neue Qualität entsteht. In Stans bekommen wir von der Bevölkerung durchweg positives Feedback.

Bevor wir in ein neues Kloster investieren, soll das CULINARIUM ALPINUM erst richtig zum Laufen kommen und Erfolg haben. Das war durch die Corona-Pandemie schwierig, aber jetzt gehen die Veranstaltungen und Kurse los. Was mich an einem Kloster fasziniert, ist nicht nur die wirtschaftliche Seite, denn da könnten wir in andere Projekte lukrativer investieren. Für uns ist wichtig, dass ein Projekt zu uns passt und uns weiterbringt. Das Kloster Stans war in vielfältiger Hinsicht eine Herausforderung. Zum einen hatten wir mit der Stiftung KEDA intensive Verhandlungen, bis wir das richtige Vertragsmodell gefunden haben. Zum anderen hatten wir firmeninterne Diskussionen, warum wir in ein Kloster investieren. Sie müssen wissen, dass einige der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Gewinn beteiligt sind, und da gäbe es gewinnbringendere Möglichkeiten, unser Geld anzulegen. Für mich steht Wirtschaftlichkeit nicht über allem, und ich finde es spannend, wie mit dem kulinarischen Kompetenzzentrum neue Wege gegangen werden. Wenn es dann noch rentabel ist, umso besser.

Ab wann würden Sie sagen, dass sich die Nachnutzung eines Klosters rechnet?

Ich denke, dass man das aus zwei Gesichtspunkten sehen muss. Zum einen ist die Frage, zu welchen Bedingungen der Heimfall funktioniert. Wenn das gut geregelt ist und der Kanton das Geld zurücknimmt, sollte die nachfolgende Generation zumindest das eingesetzte Geld zurückbekommen. Der andere Aspekt ist die Verzinsung und diese ist bei so einem Projekt nie wahnsinnig hoch. Zusammen mit der Heimfallregelung ist es alles in allem ein solides Geschäft. Ich bin gespannt, wie sich unsere Investition im Kloster Stans und somit auch im CULINARIUM ALPINUM weiter entwickeln wird.