Tis Prager kommt aus einer Schweizer Unternehmerfamilie. Sein innovativer Onkel hat den Mövenpick-Konzern gegründet und seine Großeltern betrieben ein Hotel an der Zürcher Bahnhofstraße. Er selbst ist Gründer und Partner der renommierten Anwaltskanzlei PRAGER DREIFUSS mit internationalem Wirkungskreis, die unter anderem Klienten aus der Gastronomie berät. Über persönliche Kontakte kam er ins Kloster Stans und ist nun Präsident der gemeinnützigen Stiftung KEDA. Eigentlich wollte er nur zehn Prozent seiner Zeit als Berater in das Projekt investieren. Warum es dann doch viel mehr geworden ist und welches Potenzial er im CULINARIUM ALPINUM sieht, hat er uns im Interview verraten.
Wie sind Sie persönlich zum Projekt im Kloster Stans gekommen?
Die letzten Kapuzinerbrüder sind im Jahr 2004 aus dem Gebäude ausgezogen, worauf der Kanton Nidwalden das Kloster erworben hat. Daraufhin hat eine medizinische Firma das Baurecht – in Deutschland wäre das das Erbbaurecht – daran gekauft. Die Firma ging aber nach sechs Jahren Betrieb bankrott und das Kloster fiel an den Kanton zurück. Daraufhin hat der Kanton 2015 einen Wettbewerb zur Umnutzung des Klosters ausgeschrieben. Der damalige Ideengeber, der Journalist und Autor Dominik Flammer, und Wüest Partner haben die Senn AG in der Konzeption beraten. Die Senn AG hat die Ausschreibung gewonnen und konnte unter Auflagen und Bedingungen das Baurecht am Kloster für 60 Jahre für nur einen Schweizer Franken erwerben. Zu dieser Zeit war ich noch nicht in das Projekt involviert. Ich hatte jedoch berufliche Verbindungen zu Johannes Senn und war Mitglied des Verwaltungsrates einer Senn-Gesellschaft. In dieser Funktion hat er mich mit Dominik Flammer und dem Projekt im Kloster Stans bekannt gemacht.
Was waren dann die ersten Schritte nach dem Kauf und wie entstand die Idee für das CULINARIUM ALPINUM?
Da muss ich weiter ausholen und erst davon erzählen, was vor dem CULINARIUM ALPINUM geplant war. In der Schweiz gibt es das sogenannte FIBL, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau, das viele Projekte in diesem Bereich realisiert. Die erste Idee der Senn AG war, dass es im Kloster Stans ein ähnliches, von einem Mieter realisiertes Projekt um das kulinarische Erbe der Alpen geben könnte, für das der Mieter gut 5 Millionen Euro Kapital für Investitionen und Anschubfinanzierung hätte bereitstellen sollen. Dieses Konzept wurde von Dominik Flammer ausgearbeitet und im November 2018 den Innerschweizererischen Kantonen als Finanzierungsprojekt eingereicht. Leider haben die Innerschweizerischen Kantone dieses Gesuch einer monetären Unterstützung abgelehnt.
Nun stand das Projekt im Kloster Stans vor einem Scherbenhaufen. Johannes Senn bat mich, ihn zu einem Termin beim Regierungsrat Nidwalden zu begleiten. Wir haben dort deutlich gemacht, dass das Projekt ohne Unterstützung der Regierung zu einem Bürogebäude mit Supermarkt umgestaltet würde. Daraufhin hat der Kanton Nidwalden 100.000 Schweizer Franken an Unterstützung zugesagt. Das war der notwendige Startschuss, um weitere Kapitalgeber und private Unterstützer und Unterstützerinnen anzufragen.
Sie haben das Stiftungskapital angesprochen. Wie kam es denn zur Gründung einer Stiftung?
Die Firma Senn suchte einen Mieter des renovierten Klosters, der auf seine Kosten dort das Institut des Kulinarischen Erbes der Alpen betreiben und den dazu nötigen Ausbau finanzieren würde. Für den Projektleiter Dominik Flammer stellte sich die Frage, welche Gesellschaftsform für den Mieter die beste sein könnte. Für die Stiftungsgründung und gegen eine Aktiengesellschaft haben zum einen das bessere Image einer Stiftung bei der Bevölkerung und zum anderen steuerliche Gründe den Ausschlag gegeben. Eine Stiftung kann auch mehr Gelder aus verschiedenen Quellen akquirieren.
Auf Wunsch von Johannes Senn half ich Dominik Flammer im Jahr 2017, eine Unterstiftung in Form einer Treuhandstiftung ins Leben zu rufen. Dominik Flammer übernahm das Präsidium und ich war als Jurist tätig. Anfangs 2019 nach der Ablehnung der Finanzierung durch die Innerschweizerischen Kantone, haben wir die selbstständige und von der Steuer befreite gemeinnützige Stiftung KEDA gegründet. Schnell war klar, dass wir nicht mehr die gut 5 Millionen Euro an Stiftungskapital von den gleichen Stellen, die Dominik Flammer schon angefragt hatte, bekommen würden. Es hat sich herauskristallisiert, dass das Projekt nur mit einem neuen Team und etwas geändertem Konzept, sprich modular und bescheidener, eine Chance hatte, von den gleichen Geldgebern Beiträge zu erhalten. Deshalb habe ich mich als Präsident der Stiftung zur Verfügung gestellt und bin noch am gleichen Tag aus dem Verwaltungsrat bei der Firma Senn ausgetreten.
Sie mussten dann als zukünftiger Mieter des Klostergebäudes in Verhandlungen mit der Senn AG, der neuen Besitzerin, treten?
Ja, meine Aufgabe war es, mit der Firma Senn den Mietvertrag, insbesondere den von der Vermieterin zu leistenden Ausbau, auszuhandeln. Im Sommer 2019 konnten wir einen sehr fairen Mietvertrag über 25 Jahre abschließen. In den ersten sechs Jahren steigert sich die Jahresmiete von 66.667 Schweizer Franken jeweils um 66.667 Schweizer Franken bis auf jährlich 400.000 Schweizer Franken. Zusätzlich haben wir vereinbart, dass wir während der ersten 20 Jahre das Baurecht von Senn zu deren Selbstkosten erwerben können. Dies ist übrigens mein langfristiges Ziel.
Die Senn AG wollte als Baurechtsnehmerin und Vermieterin den Grundausbau des Gebäudes mit ca. 9 Millionen Schweizer Franken finanzieren. Alles weitere, wie der Einbau der Gastronomie mit Küche, Kühlzellen und zusätzlichen Toiletten für Veranstaltungen sollte in der Verantwortung des Mieters liegen. Es hat sich schnell herausgestellt, dass es nicht möglich war, einen Gastronomen als Untermieter der Stiftung zu finden, der alle nötigen Einbauten selbst finanziert. Da haben sehr gute Gastronomen mit innovativen Konzepten abgewunken, weil es ihnen eine zu große Investition war. Daraufhin hat die Firma Senn zusätzlich zwei Millionen Schweizer Franken in den Ausbau gesteckt – und die Miete von ursprünglich 300.000 Schweizer Franken auf 400.000 Schweizer Franken erhöht. Im Ergebnis zahlt die Stiftung mehr Miete, aber alle für einen Gastronomiebetrieb notwendigen Ausbauten sind vorhanden.
Selbst finanziert hat die Stiftung unter anderem den Ausbau des äußerst attraktiven Käsekellers, in dem nun der Alpsbrinz seine Heimat gefunden hat. Das war eine ausgezeichnete Idee von Dominik Flammer. Außerdem haben wir das Konzept der Essbaren Landschaft und der Kursküche umgesetzt, die uns mit den Betriebseinrichtungen der Herberge usw. knapp 2 Millionen Schweizer Franken gekostet haben.
Wie haben Sie diese Ausgaben finanziert?
Verschiedene Stiftungen, vor allem die Avina-Stiftung, haben uns äußerst großzügig unterstützt und etwa die Hälfte finanziert. Die andere Hälfte haben private Spender geleistet. Mit öffentlichen Geldern, unter anderem den 100.000 Schweizer Franken des Kantons Nidwalden, haben wir die Kosten der beauftragen Projektleitung und des Anschubs finanziert, wobei die Mitglieder des Stiftungsrats mit Ausnahme von Dominik Flammer unentgeltlich arbeiteten.
Was sind für Sie die Erfolgsfaktoren des CULINARIUM ALPINUM für die Zukunft?
Wir setzen auf drei verschiedene Zweige. Zum einen wollen wir ein Haus der Wissensförderung sein und unseren Zielkunden (Bauern, Gastronomen, Händlern, Verarbeitern, Konsumenten) den Gedanken, regional zu produzieren und zu konsumieren, näherbringen. Wir wollen dazu mit Partnern wie Slow Food, GastroSuisse, ProSpezieRara und weiteren zusammenarbeiten, indem diese bei uns Kurse ihres Fachgebiets anbieten und wir unsere Zielsetzungen und Kompetenzen einbringen.
Zum anderen wollen wir Beratung anbieten, denn wir werden im CULINARIUM ALPINUM kompetente Fachleute mit großem Wissen der regionalen Produktion von Lebensmitteln, deren Verarbeitung und Vermarktung beschäftigen.
Unser drittes Standbein ist die Vermietung unserer Infrastruktur an Drittfirmen für Seminare und Events, verbunden mit einem Müsterchen des kulinarischen Erbes der Alpen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen eines Gruppenerlebnisses in unserer Schulküche oder in der Essbaren Landschaft.
Für die Zukunft stimmt mich optimistisch, dass in der Schweiz genügend Geld vorhanden ist und dass dieses gerne für sinnvolle und überlebensfähige Projekte ausgegeben wird. Da gehört für mich das CULINARIUM ALPINUM auf jeden Fall dazu!