Orte der Vielfalt

Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden können. Dieser Satz findet sich in der Regula Benedict, der Regel des heiligen Benedikt, dem Gründer des Benediktinerordens.

Nicht nur für die Benediktinermönche waren die Gärten und Flächen in und um das Kloster von großer Bedeutung. Ursprünglich war der Klostergarten ein Nutzgarten, der zur Selbstversorgung des Klosters diente. Hier waren Kräutergärten, Heilpflanzenbeete, Gemüsebeete und Blumen- und Baumgärten zu finden. Maßgeblichen Einfluss auf die Kultur und Gesellschaft hatten die Klostergärten hinsichtlich Ernährung und Medizin. Zwischen einzelnen Ordensgemeinschaften fand ein reger Austausch von Pflanzen und Samen statt. Die Klostergärten wurden zu einem Sinnbild für Gesundheit und Heilkunde. Später entwickelten sich daraus die Apotheken und botanischen Gärten. Im Hochmittelalter kamen zu den Nutzgärten auch Lust- und Ziergärten hinzu und die Klostergärten dienten nun auch der Ruhe und Kontemplation.

Die verschiedenen Aspekte der Gartennutzung finden sich auch heute noch in unterschiedlichen Klöstern. Ganze Regionen, wie etwa die Bodenseeregion, haben die Klostergärten als Tourismusattraktion entdeckt, die von Interessierten als Gesamtensemble besucht werden können. Klosterland Bayern, Klosterland Westfalen sowie Schlösser und Gärten (Baden-Württemberg) liefern hierzu weitere Impulse.

Nachnutzung von Klostergärten im Blick der Neuausrichtung

Die mögliche Nachnutzung der Gärten hängt eng mit dem neuen Nutzungskonzept zusammen. Im Kloster Bronnbach ist in der ehemaligen Orangerie ein Restaurant und Café entstanden. Viele ehemalige Klöster bieten Workshops zu Kräuterheilkunde und Kochkurse mit Zutaten aus dem Klostergarten an. Erleben kann man das unter anderem in der Klosterküche Beuerberg. Bei Auszeiten und Retreats im Kloster dienen Klostergärten zur Entspannung und Meditation, wie beispielsweise im Seminar- und Tagungshaus Benediktushof.

Im Kloster Fahr in der Schweiz ist der erste Laudato-si’-Garten entstanden. Entwickelt hat sich die Idee aus der Enzyklika Laudato si’ (2015) von Papst Franziskus, in der er mit Blick auf Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung seine Sorge um die Erde oder – wie er sie nennt – unser Gemeinsames Haus zum Ausdruck bringt.

Einen umfassenden Blick, unter anderem auf die Klostergärten, wirft der gemeinnützige Verein Klosterland. Der Verein hat das Ziel, den Wert der Klosterkultur für unsere Gesellschaft und die Menschen sichtbar und nutzbar zu machen. Er zeigt auf, dass die klösterlichen Arbeits- und Lebensformen aktuelle Debatten inspirieren und Antworten auf individuelle Lebensfragen geben können.

Die Nachnutzung der Klostergärten hängt eng mit der Neuausrichtung des Klostergebäudes zusammen. Folgende Fragen könnten helfen:

  • Wird das Gebäude in Zukunft kulturell, als Seminarhaus oder zum Wohnen genutzt?
  • Wie stark wird der Garten frequentiert werden, von wem und wozu? Soll er eher dem Alltagsleben oder als Raum der Stille und Meditation dienen?
  • Braucht es ein professionelles Gartenteam oder kann das unter Umständen die neue Bewohnerschaft stemmen?
  • Können die Klostergärten durch Skulpturen oder Werke neu gestaltet werden, die in Artists-in-Residence-Programmen entstehen?
  • Können die Erträge wie Gartenkräuter beispielsweise für die Seminarverpflegung verwendet werden?
  • Kann der Garten theologisch genutzt werden, beispielsweise als Bibel- oder Laudato-si’-Garten?

Viele Fragen, die in der Zusammenschau mit der hauptsächlichen Nachnutzung beantwortet werden können, um die Klostergärten als Orte der Vielfalt zu erhalten.