Moritz Sappl ist Bürgermeister der kleinen oberbayerischen Gemeinde Eurasburg/Beuerberg. Kaum im Amt, wartet schon seine erste große Aufgabe auf ihn, denn die Salesianerinnen verlassen das Kloster und eine neue Nutzung ist gefragt. Moritz Sappl ist von Anfang an als Bürgermeister mit in die Planungen der Transformation des 900 Jahre alten Gebäudes eingebunden. Von seinen Erfahrungen in der Ortsentwicklung und der engen Zusammenarbeit mit dem Nachnutzer kann viel gelernt werden. Glücklicherweise hat er sie uns bei einem Interview im Kloster Beuerberg zur Verfügung gestellt.
Wie haben Sie davon erfahren, dass die Salesianerinnen das Kloster aufgeben und mit der Erzdiözese München und Freising im Gespräch sind?
Das war sehr kurzfristig. Ich bin im März 2014 zum Bürgermeister gewählt worden und war noch nicht offiziell im Amt. Drei Tage nach der Wahl gab es einen Termin mit dem Altbürgermeister, der Oberin der Ordensgemeinschaft und einer Immobilienfirma. Da habe ich erfahren, dass die letzten verbleibenden 14 Salesianerinnen selbstbestimmt entschieden haben, das Kloster zu verlassen und in schwesterliche Altenheime in der Umgebung zu ziehen. Als Auszugstermin war der 1. Mai 2014 geplant, genau der Tag, an dem meine erste Amtsperiode offiziell beginnen sollte. Kurz darauf, am 5. Mai 2014, wurden die Schwestern schon in einem feierlichen Gottesdienst verabschiedet. Die ganze Situation war für meinen Anfang als Bürgermeister eine ordentliche Herausforderung. Gott sei Dank hat sich schnell herauskristallisiert, dass die Erzdiözese München und Freising das Kloster übernehmen will. Im Oktober 2014 wurde mir die Entscheidung zur Übernahme des Klosters durch die Diözese vom damaligen Generalvikar mitgeteilt.
Die Entscheidung für die Übernahme lag meiner Meinung nach an mehreren Gründen. Zum einen wurde erkannt, dass das Kloster eine Landmarke ist und sehr viel an geistigem und kulturellem Erbe verloren gehen würde, wenn es einfach aufgegeben würde. Zum anderen war zu dieser Zeit die Flüchtlingskrise akut und die Kirche sah sich in der Pflicht, zu helfen und Räume zu schaffen. Das Kloster ist außerdem in sehr gutem Zustand von den Schwestern übergeben worden, obwohl sie einen Altersdurchschnitt von über 85 Jahren hatten und teilweise nur noch mit dem Rollator unterwegs waren.
Gab es für das Kloster Beuerberg nicht auch die Idee, hier hauptsächlich Wohnraum einzurichten?
Ja, das stimmt. Das war noch vor der Zeit, als die Diözese die Zusage gemacht hat. Da hatten die Schwestern ein Unternehmen beauftragt, eine bestmögliche Lösung zu finden, um die Instandhaltung des Gebäudes weiter zu sichern. Ein möglicher Ansatz war, dass hier 80 hochpreisige Wohneinheiten entstehen. Gott sei Dank hat der Denkmalschutz eingegriffen und das Vorhaben schon mal auf 40 Prozent des ursprünglich Geplanten zurückgestuft. Durch eine solche Zerstückelung des Hauses wäre der Charakter des Klosters verloren gegangen, zumal zusätzlich noch Balkone eingebaut werden sollten.
Zeitgleich hat die Gemeinde Eurasburg Überlegungen angestellt, ob sie das Kloster nicht als Kommunalprojekt übernehmen kann. Der Kaufpreis war dabei nicht das große Problem. Die Herausforderung bestand eher darin, eine geeignete Nachnutzung zu finden und zu finanzieren. Als schließlich die Diözese Interesse signalisierte, war das ein Glücksfall, weil das Kloster so für die Öffentlichkeit zugänglich wurde.
Was bedeutet diese neue Offenheit des Klosters für den Ort Beuerberg?
Früher hatte man, außer als Feuerwehrmann oder Handwerkerin, kaum eine Chance in das Kloster zu kommen. Durch die neue Nutzung als Museum mit Gastronomie ist das völlig anders. Selbst für die Dorfjugend ist es normal, die schönen Flächen um das Kloster für ein geselliges Zusammentreffen zu nutzen. Es hat sich ein ganz anderer Zugang zum Kloster entwickelt, der für unseren Ort ein Glücksfall ist.
Natürlich steht man auch vor Herausforderungen. Die Schwestern hatten ein Auto und nun kommen im ersten Ausstellungsjahr 50.000 Gäste. Das muss man als Ort erst einmal stemmen, aber wir arbeiten intern in der Gemeinde und mit der Diözese ausgezeichnet zusammen. Mittlerweile haben wir eine gute Parkplatzsituation geschaffen und der Ort verbindet sich mehr und mehr mit dem Kloster. Das wäre bei der zuerst geplanten Wohnnutzung mit Sicherheit anders gelaufen, weil das Kloster weniger zugänglich gewesen wäre. Wenn in Zukunft der geplante Kramerladen des Klosters in Betrieb geht, wird das Zusammenwachsen noch intensiver sein. Der Laden, mit Schankfläche und regionalen Produkten, wird direkt vom Ortszentrum zu begehen sein und Richtung Dorfplatz liegen, sozusagen als Bindeglied zwischen Kloster und Ort.
Wie begleiten Sie als Bürgermeister und als Gemeinde den Entwicklungsprozess und wie war die Zusammenarbeit von Anfang an?
Natürlich sind wir als Gemeinde wie bei allen Bauvorhaben in die üblichen baurechtlichen Themen (Flächennutzungsplan, Bebauungsplanänderungen, Erschließung der Infrastruktur) einbezogen. Wir haben uns von Anfang an auf Augenhöhe getroffen und nicht taktiert. Das Ziel für alle Beteiligten war, dass Beuerberg als Klosterstandort erhalten bleibt, und jede Partei hat für sich ehrlich gesagt, wie weit sie in bestimmten Fragen Abstriche machen kann. Ich hatte immer das Gefühl, dass alle zu ihren Zusagen stehen, Vertrauen zueinander haben und gemeinsam zum Ziel kommen wollen.
Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Landratsamt und Diözese?
Die Gemeinde hat ganz klar und offensiv beim Landrat und der Kreisbaubehörde kommuniziert, was man leisten und mittragen kann. Die Genehmigungsbehörde für bauliche Dinge ist das Kreisbauamt, mit dem wir sowieso in direktem Kontakt stehen. Baurecht und Brandschutz hängen ja sehr eng zusammen und ich war damals sogar noch in der Rolle des örtlichen Feuerwehrkommandanten und hatte daher sehr kurze Wege. Zusätzlich haben wir uns regelmäßig mit dem Planerteam des Diözesanmuseums getroffen. Außerdem hatten wir sehr gut besuchte Ortswerkstätten im Rahmen der Städtebauförderung, zu denen wir die Bürgerinnen und Bürger eingeladen haben. Uns war von Anfang an wichtig, den Ort mitzunehmen und einzubeziehen. Die Gemeindemitglieder wurden immer als Erste über alle Schritte informiert, bevor es an die Presse ging. Das Feedback der Bewohnerschaft haben wir ernst genommen und versucht, in die Pläne einzuarbeiten. Insofern hatten wir auf allen Ebenen ein sehr offenes Vorgehen.
Wie schätzen Sie die Notwendigkeit einer Kompetenzstelle auf Landes- oder Bundesebene ein, bei der viele Stränge (Brandschutz, Denkmalschutz usw.) zusammenlaufen könnten?
Glücklicherweise ist in Beuerberg alles sehr gut gelaufen. Ich könnte mir vorstellen, dass beispielsweise in der Denkmalbehörde eine verantwortliche Stelle angesiedelt wird, die speziell nur für Klöster oder ähnliche Großprojekte zuständig ist. Ich glaube, dass für Nachnutzer, die mit großen Projekten und deren Thematik vertraut sind, die nötigen Schritte, die zu dem Prozess gehören, bekannt sind. Da weiß man üblicherweise, welche Wege man gehen kann und welche Ansprechpartner es gibt. Für komplett branchenfremde Nachnutzer ist das natürlich schwieriger. Hier sehe ich, dass es eine Koordination braucht, die zwischen allen beteiligten Ämtern, Planern und Entscheidern vermittelt. Wenn sich alle Funktionsstellen nur auf ihre Maximalposition zurückziehen, wird das Projekt scheitern. Ich denke, dass es in allen Bereichen eine Grauzone gibt und wenn Kompromisse gefunden werden können, ist das sehr hilfreich. Gerade bei so besonderen Orten wie Klöstern braucht es verschiedene Perspektiven auf das Objekt. Selbst wenn ein bestimmter Eingriff brandschutzrechtlich möglich wäre, bleibt genau zu fragen, was dieser Eingriff mit dem Charakter des Hauses machen würde und ob es auch andere Möglichkeiten gäbe. Gerade wenn der ursprüngliche Geist des Hauses erhalten werden soll.
Hier ist es meiner Meinung nach wichtig, genau auszuloten, wo die Schmerzgrenzen der Einzelnen sind, um nicht ständig an einem Punkt nachzuhaken, bei dem kein Spielraum vorhanden ist. Hier gilt es, viel Zeit für gute Kommunikation mitzubringen und die verschiedenen Positionen verstehen zu lernen.
Haben Sie ein paar Empfehlungen für Gemeinden, die auch ein umgenutztes Kloster in ihrem Ort haben?
Ja, eine ganz wichtige Sache, die mir anfangs nicht alle geglaubt haben. Wenn man ein Kloster entwickeln und für die Öffentlichkeit zugänglich machen will, wird ein zentraler Punkt die Frage der Stellplatzschlüssel sein. Wir konnten im Rahmen der Ortsentwicklung und in guter Absprache mit den Bürgerinnen und Bürgern neue, klosternahe Parkplätze schaffen. Außerdem haben wir zusätzliche Stellmöglichkeiten etwas weiter weg vom Kloster ermöglicht, die rein baurechtlich nicht mehr vorgeschrieben waren. Zusätzlich wurden am Wochenende mehr Busverbindungen des öffentlichen Nahverkehrs von der S-Bahn, die rund 10 Kilometer entfernt liegt, zum Kloster geschaffen und die Öffnungszeiten und Abfahrtszeiten aneinander angepasst.
Haben Sie im Blick, wenn mehrere Veranstaltungen an einem Tag im Ort stattfinden. Bei uns ist der Erste Mai ein Feiertag, der im Ort mit einem großen Fest gefeiert wird. Findet jedoch zeitgleich noch eine Veranstaltung im Kloster statt, kommt es unweigerlich zu Berührungspunkten, etwa bei den Parkplätzen. Suchen Sie hier im Vorfeld das Gespräch miteinander. Das geht natürlich nur, wenn sich Kloster und Kommune auf Augenhöhe treffen, verstehen und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Legen Sie am besten am Anfang ein gemeinsames Ziel mit der Ordensgemeinschaft und dem Nachnutzer fest. Wohin sollen sich das Kloster und der Ort entwickeln? Wenn das klar ist, kann man gern mal konträrer Meinung sein, wird aber dank des klar definierten gemeinsamen Ziels zusammenfinden können. Und glauben Sie nicht von vorneherein, dass Ihre gewählte Lösung die einzig richtige ist. Dann können Sie optimistisch in die Entwicklung Ihres Ortes und des Klosters gehen.